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Liebe Grüne,

seit ihr an der Regierung beteiligt seid, verfolge ich mit Enttäuschung und langsam auch mit Wut, welche Politik von euch betrieben und auch mitgetragen wird. Mir war klar, daß ein Koalitionspartner wie die SPD mit Herrn Schröder an der Spitze keine sozialen und umweltpolitischen Höhenflüge erlaubt, aber so langsam bin ich der Meinung, daß ich ebenso die CDU hätte wählen können.

Von den wirklich grünen Themen wie Umweltschutz, Soziales Engagement, Friedenspolitik ist nichts mehr übrig geblieben. Jeder faule Kompromiß wird mitgemacht, ohne daß man überhaupt noch Gegenargumente, geschweige denn scharfe Verbalatacken, wie ich sie von Oppositionszeiten kannte, aus dem Bundestag hört.

Es mag ja sein, daß ihr glaubt, daß sich das in der politischen Landschaft für eine Regierungspartei nicht gehöre, aber jedenfalls gehört dazu sicher nicht, die politischen Überzeugungen, für die man bei der Bundestagswahl angetreten ist, am Eingang des Bundestags mit dem Designermantel abzugeben.

Ich halte euch nicht für glaubwürdig, wenn ihr euch erst für den Ausstieg aus der Atomenergie stark macht und dann bei einer noch schlechteren Lösung landet als eure schwarzen Vorgänger. Ich dachte allen Ernstes, deren Politik hätte man 1998 abgewählt.

Vor der letzten Wahl habe ich mich oft bei Bekannten dafür stark gemacht, daß es eine Chance sei, sein Wahlrecht auszuüben und gerade dieses Mal die Grünen zu wählen. Ich habe mich dabei von der Vorstellung leiten lassen, daß der Einfluß einer linken und ökologischen Partei die Politik zu Gunsten meiner Vorstellung verändern könnte. Ich kann mich noch gut erinnern, daß ich mit den Bekannten am Tisch saß und wir darüber stritten, ob eine andere Regierung wirklich z.B. die Flüchtlingspolitik menschlicher gestalten würde. Und ich sagte, ich wäre mir sicher, daß ein Wechsel da etwas ändern würde. Ich bin froh, daß ich diese Bekannten jetzt nicht mehr treffen muß, denn es wäre mir auf Deutsch gesagt saupeinlich, daß ich so verarscht wurde!

Inzwischen ist allerdings in meinen Augen der Gipfel des Verrats an Wählern der Grünen erreicht. Seit nach den Anschlägen auf das WTC und Washington nur noch von uneingeschränkter Solidarität die Rede ist, mußte ich feststellen, daß die Gruenen Krieg für eine Möglichkeit halten, terroristische Gewalt zu bekämpfen.

Eigentlich bin ich schon fast sprachlos gegenüber dieser Ungeheuerlichkeit. Vor 20 Jahren fand eine große Friedensdemonstration gegen die Nato-Aufrüstung statt; aber das hat mit den heutigen Grünen wohl nicht mehr das geringste zu tun! Die Befürwortung dieser Kriegshandlungen ist meiner Meinung nach eine Absage an rechtsstaatliche Grundsätze, nach denen Straftäter durch Gerichte bestraft werden. Stattdessen werden Bomben auf ein völlig verarmtes und zerstörtes Land geworfen, Kollateralschäden - ein sehr politisches Wort für das fahrlässige Töten von Zivilisten - in Kauf genommen (juristisch wäre billigendes in Kauf nehmen schon Vorsatz - aber wen interessierts) und gleichzeitig Winzpäckchen mit Nahrung abgeworfen, um zu zeigen, wie sehr uns doch die Menschen am Herzen liegen. Leider kann man es nicht ohne Zynismus beschreiben, denn die Handlungen selbst sind zynisch!

Und dann stellt sich unser Bundeskanzler hin und behauptet, die Deutschen seien an der Seite Amerikas! Ich bin auch Deutscher, aber an dieser Seite bin ich auf keinen Fall! Und die Grünen, ganz vorne dran der Mutant Fischer, nicken brav. Habt ihr Angst vor Bush, wenn er droht: wer nicht für uns ist, ist gegen uns! Ich bin lieber gegen einen Kriegshetzer, als mich mit ihm solidarisch zu erklären!

Ich fühle mich zu keiner Partei mehr hingezogen - und euch wähle ich ganz sicher nicht mehr! Alte Leute sagen oft: Die andern machens auch nicht besser! Und ich dachte früher nicht, daß da was dran ist.

Mit unfreundlichen Grüßen